Stellungnahme der Deutsch-Eritreischen Gesellschaft e.V. (DEG) zum Messerangriff auf einen jungen Eritreer am 03.01.2023 in Gießen

Am 03.01.2023 fiel ein 27 Jahre alter Eritreer im Bahnhofsviertel der Stadt Gießen einer Messerattacke zum Opfer. Der durch drei Stiche in den Rumpf schwer verletzte junge Mann wurde von Passanten aufgefunden und konnte anschließend im Krankenhaus stabilisiert werden. Der 30-jährige Täter, der nach Medienberichten ebenfalls eritreischer Staatsangehöriger sein soll, wurde von der Polizei gefasst und dem Haftrichter vorgeführt.

Vorstand und Mitglieder der Deutsch- Eritreischen Gesellschaft e.V. (DEG) sind erschüttert über diese erneute Attacke auf einen in der Diaspora lebenden Eritreer und verurteilen diese auf das Schärfste. Recherchen haben ergeben, dass der Angriff in der Chronologie der Übergriffe steht, unter denen die eritreische Community in jüngster Vergangenheit zunehmend zu leiden hat.

Dies manifestiert sich in der Person des Täters selbst. Er konnte als einer der Anführer der berüchtigten Terrorzelle „Briged Nihamedu“ identifiziert werden, die im Auftrag der aus der äthiopischen Nordprovinz Tigray gegen die Regierung agierenden TPLF in Europa Gewaltakte ausführt. Dabei arbeitet diese gewaltbereite Gruppe phasenweise mit sogenannten eritreischen Regierungsgegnern zusammen.

Der Täter des jetzigen Vorfalls war auch an den gewalttätigen Angriffen auf Helfer eines eritreischen Konzerts am 20.08.2022 in Gießen maßgeblich beteiligt. Ebenso wie die Gruppe, der er angehört, hat er auch persönlich mit zahlreichen Beiträgen und Videos in den sozialen Medien zur Gewalt gegen in Deutschland lebende Eritreer aufgerufen. Dabei macht er auf seinem Facebook-Profil keinen Hehl daraus, dass er tatsächlich aus dem nördlichen Tigray stammt und sein Hass auf den Konflikt mit der äthiopischen Zentralregierung zurückzuführen ist. Die Regierung Eritreas unterstützt die äthiopische Regierung unter dem Friedensnobelpreisträger Dr. Abiy Ahmed im Kampf gegen die ehemaligen Machthaber der TLPF. Letztere hatte durch einen Angriff auf das äthiopische Nordkommando am 03.11.2020 und den kurz danach folgenden Abschuss von Raketen auf die eritreische Hauptstadt Asmara die schweren Kämpfe ausgelöst.

Die vorstehenden Fakten sind entweder allgemein bekannt oder durch entsprechende Ermittlungen unschwer feststellbar. Dazu gehört auch die von der gewaltbereiten Gruppe „Briged Nihamedu“ vielfach verbreitete Behauptung, dass ihre Mitglieder sich vor den deutschen Strafverfolgungsbehörden sicher fühlen.  Diese betrachten ihr Handeln als“ legitim“ und befürchten bei all ihren in den sozialen Medien verbreiteten Hass- und Hetztiraden keine Strafverfolgung.

Wir werden gefragt und fragen uns selbst, wie es möglich ist, dass in Anbetracht dieser Sachverhalte der Täter der kürzlichen Messerattacke noch frei herumlaufen konnte. Wie kann es sein, dass nach den schweren Gewalttaten am 20.08.2022 in Gießen, bei denen die Personalien der meisten Täter festgestellt wurden, die auf der Hand liegenden Zusammenhänge mit der gewaltsamen Kampagne gegen das Land Eritrea und seine Regierung immer noch ignoriert werden?

Die DEG befürchtet, dass in Zukunft weitere Anschläge auf eritreische Vereine und deren Mitglieder ausgeübt werden. Es darf nicht sein, dass in einem Land wie Deutschland, dessen Institutionen stets die Unverletzlichkeit des staatlichen Gewaltmonopols betonen, die gewaltbereiten Mitglieder einer Terrorgruppe nur nachlässig oder gar nicht verfolgt werden. Wir warnen ausdrücklich vor einer inkonsequenten Strafverfolgung gegenüber diesem gewaltbereiten Personenkreis. Dies würde viele in Deutschland lebende Eritreer einem Klima der Angst und großen Gefahren aussetzen.

Zu einem konsequenten staatlichen Vorgehen zum Schutz auch der eritreischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gehört auch, den politischen Kontext, in dem die gewaltsamen Angriffe der letzten Zeit stehen, nicht länger zu ignorieren. 

Vorstand der DEG

Frankfurt, 18. Januar 2023

DEG